Predigt: Lukas 3: 1 – 14

(am 3. Advent 15 Dez. 2109)

Liebe Gemeinde,

Manchmal muss man zweimal hinschauen, zweimal hinhören, zweimal hingehen, um mitzubekommen, worum es eigentlich geht.

Manchmal muss man ungewöhnliche Wege gehen, um etwas mitzubekommen. Da muss man in entlegene Gegenden ziehen, in die Steppe zum Beispiel, um Dinge zu erkennen, die mir sonst verborgen blieben.

Da ist einer, der in der Steppe predigt und schon wollen wir hören, was er sagt. Aber es beginnt schon viel früher. Gerade dort, wo wir es nicht vermuten: In der Geschichtsaufzählung, in Geschichtsdaten gleich am Anfang des Textes.

Da werden die politischen Größen der Zeit aufgezählt – von ganz oben bis hinunter zu den Provinzfürsten. Aber das ist Programm: Jetzt beginnt etwas Neues. Da ist Johannes, der auf Jesus verweist. Und der ist größer als alle diese Herren zusammen. Oder um es mit Gustav Heinemann auszudrücken: Die Herren dieser Welt gehen, aber unser Herr kommt. Und damit geht es um neue Lebensprogramme. Daher dieser ungemütliche Text mitten in der Adventszeit.

Inmitten also von Kerzen, Tannenduft und feist grinsenden Weihnachtsmännern, die auf mit Geschenken behängte Christbäume blicken, nun diese Zeilen. Wünschen wir uns in diesem Gefühlsgemenge nicht eher einen harmlos freundlich und anspruchslosen Gott ? Einer ohne unbequeme Forderungen, ein Gott nach unsrem Bild und Geschmack ? Ein Gott, der zu nichts verpflichtet außer vielleicht zu einem bisschen Mitleid, das ein bisschen Spende kostet ? Nein, ein Prediger, der von Umkehr und Buße und guten Früchten redet, der ist zu sperrig, der passt unter keinen Weihnachtsbaum.

Möglicherweise aber brauchen wir genau so einen. Der uns wieder wachrüttelt und hinterfragt, auf welchem Weg wir eigentlich sind. Möglicherweise auf einem Weg, der von Abgründen der Kälte, Bergen des Reichtums und krummen Touren gesäumt uns den Blick auf Brüder und Schwestern zumindest erschwert.

Jetzt beginnt also unser Predigttext mit Geschichtsgrößen: Wer wann wo geherrscht hat. Das hat Bedeutung. Denn wenn die Bibel Zeiten angibt, dann will sie deutlich machen, dass Gott sich auf diese Zeit und Menschen einlässt. Dass er keine allgemeingültigen Sätze und Lebensweisheiten verbreitet, sondern mitten in konkretes Leben zu einem bestimmten Zeitpunkt eingreift. Das Evangelium ist nicht geschichtslos, sondern kommt in unsere Zeitrechnung. Das ist etwas anderes als zeitlos gültige Glücks-, Weisheits- und Lebensregeln wie wir sie aus dem Buddhismus kennen. In der Bibel geht es um das konkrete Jetzt. Der Gott, der Raum und Zeit geschaffen hat, will in Raum und Zeit leben, nicht irgendwann, sondern jetzt. Und so konkret, dass Namen genannt werden können

Zunächst hören wir vom Kaiser in Rom. Ganz oben. Nachfolger von Augustus, den wir aus der Weihnachtsgeschichte kennen. Fünfzehn lange Jahre ist er schon an der Macht. In westlichen Demokratien eher ungewöhnlich, in afrikanischen so genannten „starken Männern“ Systemen gang und gäbe. Bashir, der aktuell letzte Abgesetzte, über dreißig Jahre. Der Kaiser Tiberias war Jesus wohl bekannt: Als er gefragt wurde, ob man dem Kaiser Steuern zahlen solle, ließ er sich eine Münze geben – mit dem Abbild des Tiberias. Schon von Kindheit an war Tiberias in der Politik. Seine Eltern flohen mit ihm außer Landes, weil sein Vater die Mörder des Kaisers Cäsar unterstützte. Der regierende erzwang die Scheidung der Eltern, um die Mutter des kleinen Tiberias heiraten zu können. Immerhin war er so schon einmal im Kaiserpalast. Als Neunjähriger hielt er die Trauerrede für seinen Vater und war früh im politischen Geschäft. Allerdings erst mit 55 Jahren bestieg er den Kaiserthron nach Augustus, der zur Zeit der Geburt Jesu regierte. Kurz nach Regierungsantritt des Tiberias meuterten die Soldaten – und jetzt sind wir in unserem Bibeltext – aus drei Gründen: Härte des Dienstes, Länge der Dienstzeit, geringer Sold. Auf Letzteres ging Johannes ein, als sie zu ihm kommen: „Begnügt euch mit eurem Sold!“ Also keine Lohnaufbesserung durch Erpressung durch Gewalt, keine Korruption, keine Schutzgelder – Begriffe, die wir aus Kenya gut kennen. Also kein Affront gegen den römischen Staat, sondern Unterstützung desselben.

Der Evangelist macht somit dem römischen Staat gegenüber deutlich: Unsere junge Glaubensgemeinschaft der Christen ist für den römischen Staat keine Bedrohung, sondern steht loyal zu ihm. Tatsächlich gab es unter Kaiser Tiberias keine Christenverfolgungen.      

Dann kommt Pontius Pilatus. Den kennen wir aus der Passionsgeschichte. Spätestens hier beginnt Blut zu fließen. Den Trick, seine Hände in Unschuld zu waschen, hat er meist erst gar nicht versucht. Sippenhaft konnte er positiv nutzen: Aus seiner Familie kam einer der Cäsar Mörder. Davon haben wir gerade gehört. Ein guter Grund für Tiberias also, dessen Vater deswegen ins Exil musste, ihn zu seinem Statthalter zu machen. Klare amigo connection. Pontius Pilatus wurde allerdings abgesetzt, aus vielen Gründen: Als erklärter Judengegner provozierte er, wo er konnte. Die neue Jerusalemer Wasserleitung finanzierte er aus dem Tempelschatz, also weitgehend aus Spenden, die für den Gott der Juden bestimmt waren. Selbstverständlich legte er auf Staatskosten auch eine Stichleitung in sein Privathaus – Kenyaner wundert so etwas nicht. Als Unruhen ausbrachen, mischte er eigene Soldaten in jüdischer Kleidung mit Knüppeln bewaffnet unter die Demonstranten.

 Von diesen Soldaten hören wir wie erwähnt in unsrem Text. Einige von diesen kommen runter an den Jordan zu Johannes und fragen ihn: „Was sollen wir denn tun ?“ Philo, der römische Geschichtsschreiber bringt Pontius Pilatus mit folgenden Begriffen zusammen: Bestechlichkeit, Gewalttat, Räuberei, Misshandlung, Drohungen, häufige Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren, unablässig wilde Grausamkeit. Wäre er Präsident der USA, wäre mehr als ein impeachment Verfahren fällig.

Diese Soldaten, die zu Johannes kommen, waren allerdings wohl dem Herodes unterstellt, dessen Vater wir auch aus der Weihnachtsgeschichte kennen. Das war der, der aus Furcht vor Konkurrenz alle neugeborenen Jungen zurzeit von Jesu Geburt in Bethlehem hat umbringen lassen. Und als der starb und seinem Testament nach seine drei Söhne, die zum Teil hier genannt werden, sein Herrschaftsgebiet erben sollten, kam es zu Unruhen. Diese konnten erst durch Varus – den kennen wir aus dem Teutoburger Wald, wo er von den Germanen vernichtend geschlagen wurde – blutig beendet werden: Über zweitausend Aufständische – hunderte an einem einzigen Tag – ließ er kreuzigen. Der Kaiser in Rom bestätigte schließlich das Testament des Herodes und seine Söhne bekamen Land. Herodes, der gleichnamige Sohn, fiel durch seine Blutrünstigkeit so sehr auf, dass er zuletzt nach Gallien verbannt wurde, was in diesen Zeiten für sich spricht. Die Axt, von der Johannes dann spricht, war den Lesern dieses Textes mehr als in Erinnerung. Eine Streitaxt gehörte zur militärischen Ausrüstung. Dieser Herodes Antippas wurde mit dem erwähnten Pontius Pilatus erst ein Freund, als es um die Auslieferung Jesu ging: „Auf den Tag wurden Pilatus und Herodes Freunde miteinander, denn zuvor waren sie einander Feind“, heißt es in Lukas 23:12. Gleichzeitig galt Herodes als großer Freund aller Arten von Lust, heute nennt man das Partylöwe.

Und noch bei einer anderen Passage dürften die damaligen Leser aufgehorcht haben: Der Herodes, der die Kinder in Bethlehem hat erschlagen lassen, der Vater des gerade erwähnten Herodes Antippas also, lässt sich in einem Grabmal nur fünf Kilometer weiter bestatten, auf einem Berg am Rande der Steppe. Wenn Johannes das Jesajawort von den Bergen, die eingeebnet werden sollen zitiert, nimmt er Hochpolitisches in den Mund. Und in der Steppe treffen wir Johannes.

Ein anderer dieser Viefürsten wurde wegen Grausamkeit abgesetzt und verbannt. In seinem Umfeld kam es zu Unruhen, aus denen die Zeloten, die Dolchmänner, hervorgingen. Unter ihrem Gewand das Messer waren sie stets dort, wo ein Getümmel entstand, um dann dem, der mit den verhassten Besatzern zusammenarbeitete, unerkannt den Dolch einzurammen. Hauptsitz der Bewegung war Sepphoris, ganz in der Nähe von Nazareth, wo Jesus aufwuchs. Die Römer zerstörten sehr schnell diesen Ort. Seine Ruinen gehörten zu den Alltagsbildern des heranwachsenden Jesus. „Das Krumme soll gerade sein und das Unebene eben.“ Die Hörer wussten, was gemeint war. Diese Botschaft traf voll die politische Landschaft. Welche Sehnsucht nach einem, der diese Zustände ändert, schwingt in solchen Worten !“ „Ich bin nicht wert, dass ich ihm die Schuhbändel löse“, sagt Johannes später über ihn.

Doch auch die religiöse Welt schaut nicht viel besser aus: Gleich zwei Hohepriester werden genannt. Das war unüblich. Einer war das Übliche. Und dass es jetzt zwei Brüder sind, die diesen Ein-Mann-Job teilen, lässt manches erahnen. Als ob sich zwei Brüder das Papstamt teilen würden. Das war jedenfalls bei den Ratzinger Brüdern klar getrennt. Deutlicher jedenfalls kann man den Niedergang der religiösen Autoritäten kaum beschreiben.

Wir lesen die Namen runter ohne uns dabei viel zu denken. Die Leser damals stöhnten bei jedem Namen mit einem lauten „Oh no!“ auf. Das ganze Elend der damaligen Zeit in ein paar Namen abgebildet.

Und in dieses Umfeld von Angst und Schrecken, wo keiner richtig sich seines Lebens sicher sein konnte, wo Rebellion und Gewalt die Tage prägten, in diese benannte und bekannte Zeit lässt Gott seinen Sohn kommen und schickt seinen Propheten voraus. Das will uns das Lukasevangelium unmittelbar vor dem Auftritt des Johannes sagen. Deswegen das Nennen all dieser Namen und Orte.

In diese Dramatik passt das Wort Notschrei. Luther übersetzt es mit „Stimme eines Rufenden“. Genau genommen heißt es aber „Stimme eines Notschreis.“ In dieser Situation, die wir uns gerade klar gemacht haben, kann man ja nur aus Not schreien. Ruf ist viel zu schwach. Und so passt es, dass genau dieses Wort, dieser Begriff verwendet wird, wenn Jesus am Kreuz in tiefster Todesgefahr schreit „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen ?“ Genau dieser Schrei wird in die Steppe entlang des Jordan geschrieen von Johannes, der sein Volk zurück zu Gott rufen will. Und dabei hat er eine gute Botschaft: Das Trennende füllt er aus, Unebenheiten begradigt er, er demütigt das Hohe. Vor ihm sollen alle Widerstände und Barrieren weggeräumt werden, zwischen ihm und den Menschen, denen er nahe sein will, soll nichts mehr liegen. So setzt er sich durch gegen Schuld, Knechtschaft, Verkommenheit und brutale Gewalt, die ihre Denkmäler in Gestalt von Grabmalen auf Bergen und krummen Ruinen setzt, in denen keiner mehr gehen kann.

Der Notschrei wird aber gerade dort ausgestoßen, wo sich die politische und religiöse Klasse absolut nicht aufhält: Im Jordantal. Die Gegend ist so unwirtlich, dass bis zum heutigen Tage – immerhin zweitausend Jahre – keine einzige Stadt an seinen Ufern zu finden ist. Nicht wie der Rhein mit Basel, Köln oder Rotterdam. Das Jordantal war unbewohnt. Dazu kamen Löwen am Ufer und Krokodile im Wasser und Skorpione im Schuh. Wer von der Metropole Jerusalem, wo die Großen und Mächtigen saßen, aus da hin wollte, musste erst durch das Gebirge im Großraum Jericho, das von Räubern wimmelte, siehe das Beispiel vom Barmherzigen Samariter und dann über Wege, die für schicke Karossen ungeeignet waren.

Ein besseres Bild für die eigene Seelenlandschaft als die des Jordantals hätte man nicht finden können.

Mit diesen Bildern will Johannes eines deutlich machen: Wenn der, der nach mir kommt, da ist, muss das persönliche Leben für Gott wieder begehbar werden. Was das heißen kann, können wir später sehen. Aber wir können uns schon einmal auf die persönliche Spurensuche begeben: Was ist krumm und uneben in meinem Leben geworden, wo kommt Gott nicht mehr durch, wo mache ich es ihm schwer, zu mir durchzukommen ?

„Stimme eines Schreienden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht seine Pfade gerade! Jede Schlucht soll aufgefüllt werden und jeder Berg und Hügel soll eingeebnet werden! Das Krumme soll zum Geraden gemacht werden und die unebenen Wege sollen zu ebenen Wegen gemacht werden! Und alles Fleisch wird die Rettung Gottes erblicken.“  

Es war im Altertum Sitte, neue Straßen zu bauen, auf denen der Herrscher bei seinem Besuch dann zu betimmten Plätzen geführt wurde. Schlechte Wege waren seiner nicht würdig. Er soll sich nicht damit aufhalten müssen, dass die Straße Schlagloch übersät war oder unnötige Steigungen aufwies oder durch aberwitzige Kurven verzögert wurde. Bevor Präsident Obama nach Nairobi kam, fand eine richtige Bau welle statt: Da wurden Straßen generalsaniert, neue angelegt und der Hauptweg an den Rändern neu bepflanzt. Ein gutes Bild von der Stadt sollte er haben und schnell und bequem zu seinem Ziel kommen.

“Bereitet den Weg des Herrn!”Das ist die Kernbotschaft des Johannes, der im Übrigen kein einziges Wunder tat. Das überließ er dem, für dessen Weg er wirbt.

“Macht seine Steige richtig, lasst alles, was er hasst.”

Wer es nun zu ihm geschafft hatte nach einer wahrlich strapaziösen und nicht ungefährlichen Reise, dem blies ein rauer Wind entgegen. Keine leise Musik, keine spirituelle Atmosphäre, keine Bildmeditation oder “Gott hat dich lieb so wie du bist” – Lieder, sondern hier wurden die Leviten gelesen. Sein Taufwasser war nicht warm oder lauwarm, sondern eiskalt.

Passt überhaupt nicht in eine Atmosphäre, die wir vor Weihnachten (Advent ist schon lange gestrichen) so gerne haben. Als wäre Weihnachten für ein paar Wochen der Deodorant einer ansonsten zum Himmel stinkenden Welt.

Johannes benutzt alles andere als versöhnliche Sprache: „Schlangenbrut!“, schleudert er seinen Zuhörern entgegen. Also von der Art, die listig auf die kleinsten Schwächen des Gegenübers wartet, um diese blitzschnell zum eigenen Vorteil auszunutzen. Gut getarnt, hinterhältig und giftig. Schlange ! Da denkt doch jeder gleich an Adam und Eva und Versuchung und Abfall. Und bald darauf hat man in der Kirche dieses Tier mit dem Teufel gleichgesetzt. Da hätte Johannes ja gleich „Ihr Teufel!“ schreien können. Nicht genug damit: Den Weg zur sicheren Zugehörigkeit zum Volk Gottes verbaut er gleich: „Fangt bloß nicht an euch damit zu beschwichtigen, dass ihr aus dem Geschlecht Abrahams seid!“ Mit anderen Worten: Gott ist keine Versicherungsanstalt für alle, die ihr Leben lang eingezahlt haben. Und dann gleich: Die Axt hat schon Maß genommen zum tödlichen Schlag – und so manchem fallen die Soldatenäxte ein, von denen so oft rücksichtslos Gebrauch gemacht wird. Da hätte er gleich sagen können: „Der Strick ist euch schon um den Hals gelegt.“ Die Lage ist ernst: Man kann das Gottesreich auch verfehlen.

Und dann das Bild von Gott als Holzfäller. Der hat die Erde um die Wurzel schon frei gelegt, er hat die Axt in der Hand, er hat schon probehalber die Schlagfläche markiert. Es bleibt noch so viel Zeit, wie der Holzfäller braucht, um die Axt zu heben, Schwung zu holen und zuzuschlagen. Der Rest ist Brennholz und am Ende nur noch kalte Asche. Fünf vor Zwölf ist gemütlich dagegen.

Die Axt an der Wurzel. Wurzel heißt auf Lateinisch radix. Da kommt unser Wort radikal her. Da geht es ums Grundsätzliche, auf das, worauf ich mich verlasse, auf das, was mich trägt. Da geht es um die Frage, was mir Halt gibt in diesem Leben, worauf ich unter keinen Umständen verzichten will.

Axt, das bedeutet Trennung, Scheidung, Unterscheidung, Entscheidung. Die Axt Gottes ist radikal. Überprüfen wir unsere Werte und Vorstellungen! Notschreie in einer abgelegenen Gegend: Gebt uns Halt, Haltbares, Erhaltendes !

Und dabei sind es gerade nicht die Verstockten, Unerschütterlichen, Feisten und Selbstzufriedenen, die sich nach einer beschwerlichen Reise hinunter an den Jordan die Anrede „Schlangenbrut“ entgegen schleudern lassen müssen. Sondern es sind gerade die Aufgerüttelten, die zu Umkehr und Erneuerung Bereiten, die Taufwilligen. Die Kirchgänger und sozial Eingestellten. Das zeigt sich schon darin, dass die so Genannten nicht verstummen, sich beleidigt abwenden. Sie spüren in diesen unruhigen Zeiten den Ernst ihrer Lage und die Wahrheit der Worte. Und so fragen sie ganz schlicht: „Was sollen wir denn tun ?“ Ganz einfach. Wenn wir so einfach Gott in unser Leben einbeziehen, einfach mit der schlichten Frage: Gott, was soll ich tun ?, dann garantiere ich Ihnen Folgen. Und manches käme in unserem Leben durcheinander.

„Was sollen wir den tun ?“ Keine Verhandlungen, Relativierungen, Entschuldigungen, Demontage des Predigers.

Und die Antwort: genauso schlicht und klar. Keine Einkehrtage, keine besonderen Gottesdienste, keine Beichtgespräche. Sondern nur: Schaut euch um und teilt. Es geht an eure Sicherheit und an euren Geldbeutel.

Die Sicherheit bestand darin, dass die, die es sich leisten konnten, gleich zwei Untergewänder für die zu erwartende kalte Nacht in der Steppe mitgebracht hatten. Andre konnten sich das nicht leisten und sahen einem Frieren und Zittern entgegen. Und wer konnte, hat sich gleich Proviant und Verpflegung mitgenommen. Andere sahen einem Magenknurren entgegen. „Der, der zwei Untergewänder hat, teile mit dem, der keines hat und der, der Nahrungsmittel hat, tue es genauso !“ Sagt der Prediger in der Steppe.

Johannes überrascht. Kein: Bete ! Kein: Faste ! Kein: Geh ins Kloster ! Sondern: Handle gerecht !

“Macht seine Steige richtig. Lasst alles, was er hasst !”

Kein Delegieren an den Sozialkreis, sondern: Schau in deinen Kleiderschrank ! Und den darin hängenden Eitelkeiten unsres Erscheinungsbildes. Und schau in deinen Kühlschrank !

“Wer zwei Untergewänder hat, der gebe dem, der keines hat und wer was zum Essen hat, der handle dementsprechend.”

Also, Antwort 1: Wie geht ihr mit den Armen um ?

In Nairobi ein Fass ohne Boden ? Johannes sagt: Mach deinen Kleiderschrank auf. Der Rest ergibt sich von selbst. Kein Sozialprogramm, sondern Einfaches, Machbares.

Und nun kommen sie, die Zolleinnehmer aus der heimischen Bevölkerung, deren Auftraggeber oft ausländische Investoren sind, die ein System schufen, das eine wahre Spirale aus Willkür und Habsucht zuließ. Das sind Unternehmer, die von den Mächtigen im Lande, den Römern, die Lizenzen zum Erheben von Maut abgekauft haben. Leute mit oder besser keinen Quittungsblocks in der Hand. Die anhalten lassen und Geld verlangen. Da fallen mir doch gleich jene Polizisten ein, die durch ihre Tätigkeit über Häuser, Autos und ganze Matatu und bodaboda Imperien herrschen. Johannes spricht so richtig aus dem Herzen vieler Autofahrer: „Fordert nicht mehr ein als die Vorschrift vorgibt !“

Und zu den Soldaten, die andere erpressen und schikanieren: „Begnügt euch mit eurem Sold !“ Wenn das im Straßenverkehr hier Realität werden dürfte !

Und schon fallen uns viele andere ein. Er meint aber erst mal uns: ‘Missbrauche deine Position nicht zu deinem eigenen Vorteil !“ Die, die Geld verdienen, sollen nicht so viel nehmen wie sie können, sondern nur so viel, wie gerecht ist. Der Gier, der Habgier soll ein Riegel vorgeschoben werden. Füllt euch eure Taschen nicht auf Kosten anderer ! Wovon lebt deine Firma ? Wie berechnet sich dein Gehalt ?

Also, Antwort 2: Dein Beruf ist dein Gottesdienst. Nicht euer Job verdirbt euch, sondern ihr verderbt euren Job.

Übt euch in Integrität ! Biegt und brecht nicht die Spielregeln, wie es euch passt. Hört auf zu sagen: So machen es doch alle. Fallt auf !

Bereitet dem Herrn den Weg !

„Macht seine Steige richtig, lasst alles, was er hasst.“

Ein schamloses Ausnutzen von Angebot und Nachfrage und Gewinnmaximierung. Johannes: „Keine Regelüberschreitung, gebt euch mit dem Durchschnitt zufrieden – tut nicht mehr als das, was euch euer Befehl vorgibt !“

Dann die Soldaten des Herodes, von dem wir vorhin Grausamkeiten ohne Ende hörten und genau diese Männer mit Knüppeln unter dem Gewand auf Demonstranten jagte. Keine Spirale aus falscher Beschuldigung, Erpressung und Raub. „Keine Misshandlung, keine Erpressung, begnügt euch mit eurem Soll !“

Es fällt auf: Johannes lässt sie alle in ihrem Beruf weiter arbeiten. Aber sie sollen in ihrem Beruf sauber arbeiten. Und wie das Volk oben nicht zur Armut, sondern zum Geben verpflichtet wird, sollen auch diese Berufsgruppen den anderen als Mitmenschen im Blick haben und nicht als Chance zur persönlichen unbotmäßigen Bereicherung.

Das heißt für uns: Unser Christsein bewährt sich nicht in Armut, sondern wie wir mit unsrem Reichtum umgehen. Ob wir aus Angst zu verarmen alles behalten wollen oder aus Glauben heraus teilen wollen. Was ist die Wurzel, die uns trägt ?

Manchmal muss man zweimal hinschauen, zweimal hinhören, zweimal hingehen, um mitzubekommen, worum es eigentlich geht.

Manchmal muss man ungewöhnliche Wege gehen, um etwas mitzubekommen. Da muss man in entlegene Gegenden ziehen, in die Steppe zum Beispiel, um Dinge zu erkennen, die mir sonst verborgen blieben.

Amen.

Pfarrer Johannes Löffler- KELC