Gedanken zur Zeit – Freiheit

„Zur Freiheit hat uns Christus befreit.“ (Galater 5,1a)

Die Popgruppe ABBA hatte vor genau vierzig Jahren einen Megahit mit dem Titel „Fernando“. Im Refrain dieser schönen Ballade heißt es: Da lag etwas in der Luft in jener Nacht, die Sterne funkelten, Fernando. Sie leuchteten dort für dich und mich und für die Freiheit, Fernando.“ Das Lied handelt von Freiheitskämpfern, die sich im Alter an die Kämpfe ihrer Jugendzeit erinnern. Sie haben für die Freiheit gekämpft, haben ihren Kampf wohl verloren. Aber wie auch immer es damals ausging, sie sind sich einig: Sie bereuen nichts. Sie würden es wieder tun. Denn die Freiheit zählt! Sie wohnt in den Herzen aller Menschen. Als hohes Gut, als tiefe Sehnsucht, als kostbares Kleinod.

Ja, Um Freiheit geht es in der Politik, aber auch in der Religion. Viele Religionen engen Menschen ein, setzen ihnen Schranken, drücken ihnen Gesetze auf. Religion kann zur Zwangsjacke werden. Jedenfalls dann, wenn sie alles regeln will: was man im Alltag tun und lassen soll, wann und wo und wie man beten soll, welche Kleidung man anziehen darf, welche Speisen und Getränke man zu sich nehmen darf. Der Apostel Paulus widersprach den starren Regeln der damals geltenden Religiosität. Wer Christ sein will, sagte er, der muss sich nicht notwendig beschneiden lassen. Einen Beschneidungszwang braucht es nicht im Christentum, auch keine Kleidungs- oder Speisevorschriften. In alledem dürfen Christen sich frei fühlen. „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“, schrieb Paulus daher an die christlichen Gemeinden in Galatien, einer Landschaft in Kleinasien, die im Gebiet der heutigen Türkei zu suchen ist. Worauf es im Leben ankommt, so Paulus, das sind nicht die Zwangsjacken kultischer Gesetze, sondern das ist der freie Atem, der aus dem Glauben kommt. Also aus dem Vertrauen, dass Gott da ist, dass er uns nah ist, dass er die Menschen liebt.

An diesen Grundgedanken des Paulus knüpfte auch Martin Luther an, als er im Jahr 1520 in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ programmatisch formulierte: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemandem untertan.“ Luther fügte aber sogleich hinzu: „Ein Christen-mensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Luthers Freiheitsschrift löst diesen scheinbaren Widerspruch ganz im Sinne des Paulus auf: Denn wir sind ihm zufolge zwar frei durch den Glauben an Christus. Aber die Liebe bindet uns an unsere Nächsten. Es gibt daher für Christen keine schrankenlose Freiheit. Freiheit, die aus dem Glauben kommt, ist vielmehr immer mit Verantwortung verbunden. Und genau deshalb ist die Freiheit der Christenmenschen so kostbar, dass es sich lohnt, für sie einzustehen – in unserer Gesellschaft, im Raum unserer Kirche und bei uns selbst! Ob unser Engagement für die Freiheit am Ende belohnt werden wird, das wissen wir nicht.

Scheitern ist immer möglich. Wir können also nur hoffen, dass unser Engagement für die Freiheit gelingt. Das gilt insbesondere in einer Zeit, in der religiös oder ideologisch motivierte Fanatiker die Freiheit in Frage stellen und bedrohen. Aber in der Rückschau sollten wir eines Tages – mit den Worten der Popband ABBA – sagen können: „Wenn ich das Gleiche noch einmal tun müsste, dann würde ich es tun….!“

In diesem Sinne! Euer/Ihr Herbert Falke